Eric Manneschmidt, 24.07.2023
Kürzlich gab es einen Vorstoß eines SPD-Bundestagsabgeordneten, über die Einführung eines sozialen Pflichtdienstes nachzudenken. Auch der bekannte Fernseh-Philosoph und BGE-Befürworter Richard David Precht hat so etwas bereits vorgeschlagen (siehe hier).
Interessant fand ich die Reaktionen darauf, z.B. in der Frankfurter Rundschau (hier). Da heißt es dann, man solle lieber auf Freiwilligkeit setzen, ein solcher Eingriff in die Freiheit des/der Einzelnen erfordere ein höheres Ziel und Zwang sei kein guter Motivator. Ich habe dazu folgenden Leserbrief geschrieben:
Ich habe die Debatte bisher nicht verfolgt, aber es gibt m.E. durchaus Argumente für einen Pflichtdienst:
1. Das würden auch Leute machen müssen, die von sich aus nicht auf die Idee kommen, sich für andere oder das Gemeinwesen zu engagieren. Für manche vielleicht eine wertvolle Erfahrung.
2. Wenn man es gut organisiert, lernen die Leute fachlich Sachen, die sie – oder die Gesellschaft – vielleicht irgendwann mal gut gebrauchen können. Das heißt freilich, dass bei diesem Pflichtdienst wirklich etwas in die Leute investiert werden müsste.
Auf der anderen Seite vermisse ich hier eine Stellungnahme zu unserer faktischen und lebenslangen Arbeitspflicht. Es gibt eben noch kein Bedingungsloses Grundeinkommen und das hat zur Folge, dass Erwerbsarbeit, und zwar auch gänzlich sinnlose oder schädliche wie in der Zigarettenproduktion oder der Kohleverstromung, die Norm darstellt. Wer dieser “Pflicht”, die m. E. im Gegensatz zum Grundgesetz steht (Recht auf Leben und Würde für alle Menschen, Verbot der Zwangsarbeit, Recht auf freie Berufswahl) nicht nachkommt, muss Glück haben oder eine nachgewiesene Erkrankung, um nicht den Zugang zum gesetzlich festgelegten Existenzminimum zu verlieren (das “Bürgergeld” ändert daran leider wenig, auch hier sind Sanktionen unter das Existenzminimum bei Unbotmäßigkeit möglich).
Es ist geradezu grotesk, einen Pflichtdienst von vielleicht einem Jahr, der sich an die Schul-Pflicht anschließen könnte, wegen des “Eingriffs in die Freiheit” und “Zwang” abzulehnen und zum lebenslangen Arbeitszwang, der völlig willkürlich ist und oft in sog. Bullshit Jobs abgeleistet werden muss, zu schweigen.