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Auch Kardinal Marx versteht das Grundeinkommen falsch

Auch Kardinal Marx versteht das Grundeinkommen falsch

Christian Meier

Kardinal Reinhard Marx hat sich in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung gegen das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ausgesprochen. Es sei „das Ende der Demokratie“, wenn man einen großen Teil der Bevölkerung mit dem Grundeinkommen versorgt und ansonsten „eine Unterhaltungsindustrie“ auf sie loslasse. Die Arbeit sei nicht irgendetwas. „Es gehört zur Grundkonstitution des Menschseins, dass ich für mich und meine Familie etwas schaffe, das von Wert ist“, sagt der Erzbischof von München und Freising. „Das normale Arbeitsverhältnis“, fährt er fort, „dass jemand von seiner Arbeit lebt und etwas Sinnvolles für die Gemeinschaft tut, das ist eine Säule für eine freie Gesellschaft.“
Diesem Argument begegnet man in der Debatte oft: Das BGE wird mit der Abschaffung der Arbeit gleichgesetzt. Es wird als eine „Stilllegungsprämie“ missverstanden, eine Abspeisung der Abgehängten. Auf den Punkt bringt das die Schlagzeile der BILD: „1000 Euro fürs Nichtstun“. Offenbar sitzt der Gedanke, dass es Geld nur als Gegenleistung für etwas gibt, dermaßen tief, dass man denkt, die 1000 Euro seien der Lohn dafür, dass man zu Hause bleibt.

Was wir fordern, ist aber nicht das Ende der Arbeit, sondern eine Entkopplung von Arbeit und Einkommen. Das BGE ermöglicht es vielen Menschen erst, zu arbeiten. Es versetzt sie in die Lage, Tätigkeiten nachzugehen, die der freie Markt nicht ausreichend entlohnt.

Die Argumentation des Kardinals geht an der gesellschaftlichen Realität vorbei

Der Kardinal koppelt den Lohnerwerb fest an die Sinngebung durch die Arbeit. Das entspricht nicht der gesellschaftlichen Realität. Viele Menschen gehen nur wegen des Geldes zu ihrem Job, den sie oft als sinnentleert empfinden. Sie ackern für einen abstakten Konzern, der seinen Profit auf einer Insel vor dem Fiskus versteckt. Sinn suchen sie häufig in ehrenamtlichem Engagement. Doch das wird definitionsgemäß nicht entlohnt. Manche Erwerbsjobs hingegen stiften zwar Sinn, etwa Alten- oder Krankenpflege, werden aber so schlecht bezahlt, dass man davon kaum leben kann. Dann gibt es noch das Prekariat, in dessen Ohren Reinhard Marx Worte wie Hohn klingen müssen. Sie buckeln, oft in mehreren, mies bezahlten Jobs. Der einzige „Sinn“: Die Miete bezahlen können. Arbeit, Lohn und Sinn bilden also längst keine heilige Dreifaltigkeit mehr. Die künstliche Intelligenz verschlechtert die Lage noch, weil sie viele Tätigkeiten (wohlgemerkt „Tätigkeiten“, nicht „Berufe“) billiger macht. Deutsche Ökonomen zeigten jüngst in einer Studie, dass Roboter die Löhne in Deutschland drücken.

Das BGE wird die Grundkonstitution des Menschen, gebraucht zu werden, nicht ändern. Gesellschaftlich wichtige Arbeit gibt es wie Sand am Meer. Das BGE würde Kräfte freisetzen, diese Arbeit auch zu erledigen. Es speist die Abgehängten nicht ab, sondern es reintegriert sie in die Gesellschaft. Gleichzeitig befreit es von den Zwängen durch die Digitalisierung. Weil der Bürger unabhängig ist, muss er nicht mehr gegen die immer produktiveren Maschinen konkurrieren. Vielmehr ist er frei, sich Tätigkeiten zu suchen, die kein Roboter kann. Das dürften dann auch die sinnvolleren Beschäftigungen sein.

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