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Das bedingungslose Grundeinkommen: Die Lösung für eine gerechte digitale Gesellschaft?

BGE und soziale Infrasrtuktur

Das bedingungslose Grundeinkommen:

Die Lösung für eine gerechte digitale Gesellschaft?

Notizen von der Debatte mit: Heinrich Alt und Prof. Dr. Thomas Straubhaar; Moderation: Annika Glose. (Veranstaltung der Polytechnischen Gesellschaft am 11.09.2018)

 

Alfred Köth

Als Rahmen war eine Debatte „im englischen Stil“ geplant zwischen einem Befürworter (Thomas Straubhaar) und einem Kritiker des BGE (Heinrich Alt). Vor der Debatte wurde abgestimmt, wer im Zuhörerraum pro und wer contra denkt. Es war etwa halbe halbe.

Straubhaar erweiterte den Horizont, indem er nicht nur auf die Digitalisierung, sondern auch auf die Globalisierung und die Demographie (Alterspyramide) hinwies. Das derzeitige Sozialsystem ist 150 Jahre alt und geht von Normalarbeitsverhältnissen aus, die derzeit und auch in Zukunft nicht mehr gegeben sind. Es ist ein Systemwechsel erforderlich. Arbeit muss völlig neu definiert werden und das neue Sozialsystem muss präventiv ausgerichtet sein, um zu verhindern, dass Probleme überhaupt entstehen und nicht wie das alte, das nur denen hilft, die Probleme haben.

Alt gesteht dem BGE zu, dass es eine sympathische Utopie ist, nur hält er sie nicht für realisierbar. In 10 Thesen führte er dies aus. Es war die altbekannte gewerkschaftliche (Stammtisch-)Argumentation: die Arbeitsgesellschaft ist nicht am Ende, es gibt eine so geringe Arbeitslosigkeit wie schon lange nicht, sogar Fachkräftemangel. Bei einem Steueraufkommen von 600 Mrd. ist die erforderliche Billion BGE nicht finanzierbar. Das BGE spaltet die Gesellschaft in die Produktiven/Integrierten und die mit Herdprämie und Stilllegungsprämie Ausgeschlossenen; die nachwachsende Generation richtet sich in der Hängematte ein, statt eine Arbeitsmotivation zu entwickeln. Die Wettbewerbsfähigkeit leidet, weil kein Geld mehr zum Investieren da ist. Das bestehende Wertesystem wird auf den Kopf gestellt, wenn keine Gegenleistung erwartet wird und der Generationenvertrag ausgehebelt wird und wenn auch diejenigen das Grundeinkommen erhalten sollen, die es nicht nötig haben (Winterkorn). Für Lebenskünstler und Kreative ist das ein Traum, aber für die überwiegende Mehrheit sollte man ein Recht auf Arbeit fordern und nicht ein Recht aus Grundeinkommen. Statt Stilllegungsprämie fordert Alt eher ein Recht auf Schulabschluss, Bildung, Ausbildung, Ganztagsschule und Arbeitszeitreduzierung. Zum Abschluss noch die altbekannte Frage: Wer wird denn dann überhaupt noch arbeiten gehen?

In der weiteren Debatte erläuterte Straubhaar, dass man nicht nur das Steueraufkommen oder den Sozialhaushalt berücksichtigen darf, sondern dass die Steuern und Sozialversicherungsabgaben (Arbeitnehmer und Arbeitgeber-Anteile) zusammengenommen bereits zur Finanzierung des Grundeinkommens in seinem Modell (1000.- Euro) ausreichen würden. Die Wertschöpfung ist nicht gebunden an sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, deshalb sollte ein progressives Steuersystem entwickelt werden, eine Wertschöpfungssteuer, in der alle Gewinne und Einkommen besteuert werden. Auf Nachfrage erklärte sich Straubhaar aus pragmatischen Gründen einverstanden mit der Transaktionssteuer, diese wäre aber ein letztes Mittel, das er vertreten würde. Bei der oft geäußerten Vermischung von Zuwanderung und Asylthemen wurde er deutlich: Zuwanderung ist eine ökonomische Kategorie, bei der der Staat/die Gesellschaft definiert, welche Zuwanderer sie akzeptiert und welche nicht. Beim Asyl geht es um eine humanitäre Frage und diese beiden Ebenen dürften nicht vermischt werden. So besteht für Asylberechtigte ein sofortiger Anspruch auf das BGE, für Zuwanderung kann man eine jährliche Steigerung um 10% festlegen, sodass erst nach 10 Jahren ein 100 % Anspruch aufs BGE entsteht. Alt hielt weiter dagegen, dass das BGE das Gerechtigkeitsgefühl verletzt, weil diejenigen, die sozialversicherungspflichtig arbeiten, die anderen finanzieren sollen, die nicht arbeiten. Und dass die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme nach Einführung des BGE langfristig nicht mehr gesichert sei.

Bei der abschließenden Abstimmung ergab sich ein ähnliches Bild wie bei der Anfangsabstimmung. Die Kontrahenten und die Diskussionsleiterin einigten sich auf 45% Pro und 55 % Contra.

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