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Der Papst und das Grundeinkommen

Papst Franziskus

Der Papst und das Grundeinkommen

In seinem Buch (S. 168-170) schreibt Franziskus:

“Die Anerkennung des Wertes der Arbeit von Nicht-Erwerbstätigen für die Gesellschaft ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Umdenkens in der post-Covid-Welt. Ich glaube deswegen, dass es an der Zeit ist, Konzepte zu bedenken wie das universelle Grundeinkommen (UBI, universal basic income), auch als negative Einkommenssteuer (NIT, negative income tax) bekannt: eine bedingungslose Pauschalzahlung an alle Bürger, die über das Steuersystem verteilt werden könnte.

 

Das Grundeinkommen könnte die Beziehungen auf dem Arbeitsmarkt umgestalten und den Menschen die Würde garantieren, Beschäftigungsbedingungen ablehnen zu können, die sie in Armut gefangen halten würden. Sie würde den Menschen die benötigte grundlegende Sicherheit geben, das Stigma des Wohlfahrtsstaates beseitigen und den Wechsel zwischen Arbeitsplätzen erleichtern, wie es technologiegetriebene Arbeitsweisen zunehmend erfordern. Maßnahmen wie solch ein Grundeinkommen können auch dazu beitragen, dass die Menschen frei dazu werden, das Verdienen des Lebensunterhaltes und den Einsatz für die Gemeinschaft zu verbinden.

 

Mit dem gleichen Ziel kann es durchaus an der Zeit sein, über reduzierte Arbeitszeiten mit angepassten Gehältern nachzudenken, was paradoxerweise die Produktivität steigern kann. Weniger zu arbeiten, damit mehr Menschen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten können, ist ein Aspekt des Denkens, den wir dringend untersuchen müssen.

 

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Indem wir die Integration der Armen und die Sorge um unsere Umwelt in den Mittelpunkt der Ziele der Gesellschaft stellen, können wir Arbeit schaffen und gleichzeitig unsere Umgebung humanisieren. Durch die Bereitstellung eines universellen Grundeinkommens befreien und befähigen wir die Menschen, in würdiger Weise für die Gemeinschaft zu arbeiten. Indem wir intensivere Methoden der Permakultur für den Anbau von Nahrungsmitteln anwenden, regenerieren wir die natürliche Welt, schaffen Arbeit und Artenvielfalt und leben besser.

 

All dies bedeutet, Gemeinwohl-Ziele für die menschliche Entwicklung zu haben, statt uns auf die falsche Annahme der berühmten Trickle-down-Theorie zu stützen, die besagt, dass eine wachsende Wirtschaft uns alle reicher machen wird. Indem wir uns auf Land, Arbeit und Wohnraum konzentrieren, können wir wieder eine gesunde Beziehung zur Welt aufbauen und selber wachsen, indem wir anderen dienen.

 

Auf diese Weise überwinden wir den engen individualistischen Rahmen des liberalen Paradigmas, ohne in die Falle des Populismus zu tappen. Demokratie wird durch die Sorgen und die Weisheit des sie bildenden Volkes neu belebt. Politik kann wieder ein Ausdruck der Liebe durch Dienst sein. Indem wir die Wiederherstellung der Würde unserer Völker in den Mittelpunkt der Welt nach Covid rücken, machen wir die Würde aller zu unserem Schlüsselziel. Eine Welt zu schaffen, in der die Würde durch konkrete Maßnahmen gewürdigt und respektiert wird, ist nicht nur ein Traum, sondern ein Weg in eine bessere Zukunft.”

 

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Dr. Markus Schlagnitweit, Direktor der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe), hat einen Text (PDF-Dokument) veröffentlicht, in dem er die Aussagen des Papstes zum Grundeinkommen analysiert und sie in einen soziologischen und theologischen Zusammenhang stellt. Dabei widerspricht er auch der Kritik am Grundeinkommen:

Papst Franziskus, die Katholische Soziallehre und das Grundeinkommen

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