Austausch zum BGE mit SPD MdB Kaweh Mansoori
Unser Sozialstaat muss dringend überholt werden. Er erfüllt seine Funktionen nicht (mehr) auf zeitgemäße befriedigende Weise. Darin waren Kaweh Mansoori, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Frankfurt/Main und Offenbach/Main und wir, aus unserer BGE Initiative Rhein-Main, uns einig. Am 15.08. empfing er uns in seinem Wahlkreisbüro in Bornheim, um sich mit uns zum BGE auszutauschen. Wir stimmten ebenfalls dahin überein. dass die viel zu komplizierten bürokratischen Verfahren des Sozialstaats für viel zu viele Anspruchsberechtigte zu schwer überwindbaren Hindernissen werden, um in den Genuss der Sozialleistungen zu gelangen, auf die sie ein gesetzliches Recht haben. Anspruchsberechtigte sollten erst gar keinen Antrag stellen müssen. Vielmehr sollte der Sozialstaat ihnen die Leistung gezielt zukommen lassen, wann immer sie einen Anspruch darauf haben. (Die Schulpflicht könnte da als Beispiel dienen: sobald ein beim Einwohnermeldeamt registriertes Kind das Schulalter erreicht, werden die Eltern eingeladen, es in der Schule anzumelden.)
Kaweh Mansoori hat sich bereits mit dem BGE auseinandergesetzt und dabei festgestellt, dass es eine ganze Palette von Modellen gibt, die sich mit diesem Begriff verbinden. Nachdem wir klarstellten, dass wir dem attac-Modell (er ist Mitglied von attac!) nahestehen bzw. als Mitglieder des Netzwerks Grundeinkommen die dort aufgelisteten Mindestkriterien vertreten, gab er zu bedenken, dass er die Idee einer Existenzsicherung sehr gut findet, jedoch Probleme damit hat, dass reiche Leute ebenfalls davon profitieren sollten. Wir gaben zu bedenken, dass eine Bedürftigkeitsprüfung als Vorbedingung für die Auszahlung des BGEs unter anderem demütigend und stigmatisierend sein kann. Dass aber die Bedürftigkeitsprüfung eben nachträglich vom Finanzamt durchgeführt würde. Dass das BGE sozusagen als bedingungslos an alle monatlich ausgezahlter Freibetrag angesehen werden kann, auf den dann andere Einkommensarten hinzuaddiert werden, die jedoch ab dem ersten Euro jenseits des Freibetrags zu versteuern wären. Bei einer konsequent progressiven Besteuerung würde dann den Reichen das BGE wieder wegversteuert werden, und zwar enstsprechend ihrem Einkommen teilweise, ganz oder sogar überproportional. Wodurch auch eine Umverteilung von oben nach unten erreicht und die wachsende Ungleichheit etwas gebremst würde. Wir versprachen ihm genaue Berechnungsmodelle zu schicken, die das konkret aufzeigen.
Eine Einführung des BGE würde eine auch überhaupt immer notwendiger erscheinende Steuerreform voraussetzen bzw. mit sich bringen. Eine weitere Frage, bei der wir ebenfalls übereinstimmten. Schließlich bekundeten wir unsere volle Unterstützung für die Idee der Einführung der Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich, die laut Mansoori in einigen Kreisen der SPD diskutiert würde. Wir wiesen darauf hin, dass unsere Initiative Miglied im Netzwerk Care Revolution ist, das sich für eine Care-zentrierte Ökonomie einsetzt, in der der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung der Carearbeit endlich gebührend Rechnung getragen wird. Dass der überwiegende Teil der in Deutschland geleisteten – und lebensnotwendigen Arbeit – unbezahlt geleistet wird. Und dass dafür neben ausreichend Zeit auch eine Existenzsicherung gewährleistet werden muss.
Zum Abschied schlug Kaweh Mansoori vor, dass wir 2024 eine gemeinsame Veranstaltung organisieren sollten, um das ganze Thema in einem weiteren Kreis zu vertiefen.