Götz Werner ist tot
Götz Werner war in den letzten fast zwanzig Jahren in Deutschland einer der wichtigsten, auf jeden Fall der bekannteste Protagonist der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen.
Schon seit einiger Zeit war er öffentlich kaum noch sichtbar geworden, nun ist seine Stimme endgültig verstummt. Wir bedauern das und merken, dass er fehlt.
Götz Werners große mediale Präsenz hat der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen eine umfassende Aufmerksamkeit verschafft und damit eine öffentliche Diskussion des Themas sehr erleichtert. Gleichzeitig schien sie andere Ansätze manchmal geradezu zu erdrücken.
Viele Journalist*innen, aber auch am BGE Interessierte außerhalb der aktiven Szene hielten die BGE-Bewegung und Götz Werner für mehr oder weniger identisch.
So waren die eher aktivistisch, eher basisbewegt orientierten BGE-Initiativen nicht immer glücklich mit dem, was Götz Werner sagte und vorschlug. Ein wichtiger Unterschied ist gewiss der in seinem Denken zentrale Vorschlag einer Finanzierung des BGE über eine Umsatz/Mehrwertsteuer; die wichtigste Gemeinsamkeit war die Überzeugung, dass die Forderung nach einem BGE zuerst in den Köpfen und Herzen der Menschen verankert sein muss, um sie wirklich umsetzen zu können.
Götz Werner sprach davon, dass das BGE ein „Leitstern“ sei, der dir zeige, wo es hin gehen könne und solle. „Richtungsforderung“ nannten wir das in meinen politischen Zusammenhängen.
Götz Werner als (Groß-)Unternehmer und ich als linksradikaler Aktivist wussten um unsere unterschiedlichen Hintergründe und Interessen. Ich habe mehrfach vor größerem oder kleinerem Publikum mit ihm diskutiert und auch im Aktivenkreis Kontroversen ausgetragen. Das ging immer in gegenseitigem Respekt und im Wissen um Differenzen wie Gemeinsamkeiten.
Das bedeutete immer, dass wir nicht einfach alle eine gemeinsame Bewegung waren und sind. Die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen hat viele Hintergründe, bedient widersprüchliche Interessen und adressiert unterschiedliche Bedürfnisse. Aber sie hat auch eine Gemeinsamkeit, nämlich die Überzeugung, dass jeder Mensch, egal wie er gestrickt ist, wie er sich benimmt oder was er tut, das Recht auf eine menschenwürdige Existenz hat.
In diesem Sinne haben Götz Werner und die unterschiedlichen Teile der BGE-Bewegung immer wieder auch in Projekten zusammenarbeiten können, in denen wir nicht in allem übereinstimmten.
Das war so beim dritten deutschsprachigen Grundeinkommenskongress 2008 in Berlin, beim 14. BIEN-Kongress 2012 in Ottobrunn oder bei der ersten Europäischen Bürgerinitiative Grundeinkommen (EBI BGE) 2013.
Als Anthroposoph war Götz Werner überzeugt, dass der Tod nicht das Ende des Lebens ist. Ob das so ist, wissen wir nicht. Dass aber sein Tod nicht das Ende der Bemühungen um die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ist, steht fest. Aktuell konzentriert sich das für viele von uns auf die zweite EBI BGE.
Wir konnten Götz Werner nicht mehr fragen, ob er sie unterstütze, aber wir sind sicher, er hätte es so getan wie 2013.
In diesem Sinne: Die gegangen sind, begleiten uns weiter, die noch da sind, machen weiter!
Werner Rätz, attac – genug für alle
Vortrag von Götz Werner: Die Idee des Grundeinkommens: eine kopernikanische Wende (BIEN2012)