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Studie: Roboter drücken die Löhne

Christian Meier

Roboter lernen immer mehr: Sie nähen Schuhe zusammen, fräsen in der Schreinerwerkstatt Bauteile, oder sie tasten den Körper nach Tumoren ab und entfernen diese.


Roboter werden immer smarter (Quelle: Richard Greenhill and Hugo Elias)

Es lässt sich trefflich darüber streiten, ob Maschinen dem Menschen immer mehr Arbeit wegnehmen werden oder nicht. Wobei der Austausch einer einzigen Vorsilbe schon einen entscheidenen Wechsel der Sichtweise mit sich bringt. Statt „Arbeit wegnehmen“ kann man nämlich „Arbeit abnehmen“ sagen. Um das so entspannt sehen zu können, müsste freilich Kapital zur Finanzierung des Sozialstaates herangezogen werden, statt Arbeit. Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde die Angst vor dem Roboter in einen Willkommensgruß für die mechanischen Heinzelmännchen verwandeln.

Die Legende von den immer neuen Jobs trotz Automatisierung

Bislang sagen die Gegner dieser Sichtweise: Roboter killen gar keine Jobs. Denn für jede automatisierte Tätigkeit entsteht eine neue Tätigkeit, die der Roboter noch nicht beherrscht. Die Zahl der Arbeitsstunden gehe nicht zurück. Und zwar nirgends auf der Welt. Zuletzt argumentierte Kai Eicker-Wolf vom DGB bei unserem Streitgespäch in Darmstadt in diese Richtung. Nicht erwähnt hat Eicker-Wolf die Verbilligung menschlicher Arbeit, die mit der zunehmenden Automatisierung einhergeht, wie eine kürzlich erschienene Studie von deutschen Ökonomen zeigt. Roboter vernichten demnach in Deutschland zwar keine Jobs, aber sie drücken die Löhne. Die Gewerkschaften haben diese Lohnzurückhaltung mit zu verantworten. Man lässt sich die heilige Kuh namens „Arbeit“ etwas kosten in Deutschland. Die Rechnung zahlen Facharbeiter mit mittlerer Ausbildung, die Maschinen bedienen, wie die Forscher um Wolfgang Dauth von der Universität Würzburg zeigen. Gut ausgebildete Manager hingegen gewinnen. Die deutschen Roboter lassen also die Einkommenschere weiter auseinanderklaffen. In die Röhre schauen auch junge Leute: Die Industrie hat weniger von ihnen eingestellt. Das lässt meines Erachtens erwarten, dass die Auswirkungen der Automatisierung auf die Beschäftigungszahlen sich zeigen werden, sobald die Generation, die von den Robotern zwar aus ihren alten Jobs gedrängt wurde, aber betriebsintern an anderen Stellen untergekommen ist, in Rente geht.

In den USA hingegen sind die Folgen der Roboterisierung auf den Arbeitsmarkt bereits jetzt deutlich sichtbar. Jeder Roboter hat dort beinahe sechs Arbeitsplätze vernichtet, wie eine Studie des renommierten MIT in Boston und der dortigen Universität vorrechnet. Wohlgemerkt: Dabei ist schon berücksichtigt, dass die Verbilligung der von Robotern produzierten Produkte neue Jobs bzw. höhere Löhne ermöglichen.
Die Behauptung, die Automatisierung bleibe ohne Folgen für den Arbeitsmarkt verliert durch diese beiden Studien deutlich an Glaubwürdigkeit.

Die Situation wird sich bald verschärfen: In dieser Woche stellte der Verband der Roboterhersteller, die International Federation of Robotics, seine neuen Statistiken vor: Demnach boomen Industrieroboter, vor allem in Asien. In den nächsten vier Jahren soll sich ihre Zahl verdoppeln, auf dann mehr als drei Millionen Roboter weltweit.

Es wird Zeit, dass wir den mechanischen Helfern die Hand reichen, statt sie als Konkurrenten zu betrachten.

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