Gespräch mit Armand Zorn, SPD-MdB aus Frankfurt
Am 19.07.2023 empfing uns Armand Zorn, direkt gewählter SPD-Bundestagsabgeordneter, in seinem Büro in Frankfurt. Wir wollten uns mit ihm über das Bedingungslose Grundeinkommen austauschen.
Armand Zorn lehnt das Bedingungslose Grundeinkommen ab, weil er einen Sozialstaat ablehnt, der nach dem „Gießkannenprinzip“ individuelle Geldmittel an die Bürger:innen verteilt, und somit nicht gezielt nur die erreicht, die wirklich diese Unterstützung brauchen. Er ließ sich (noch) nicht von uns überzeugen, dass die Hürde der Bedürftigkeitsprüfung viele Berechtigte ausschließt. Dagegen befürwortet er eine Art bedingungslose Starthilfe für junge Menschen (Bedingungsloses Grunderbe, das z.B. auch von Thomas Piketty schon vor einigen Jahren vorgeschlagen wurde).
Wir stellten jedoch fest, dass es eine Reihe zentraler Punkte gibt, in denen wir voll übereinstimmen:
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Ungleichheit ist ein inakzeptabler Mißstand, der beseitigt werden sollte, weil er die Demokratie gefährdet.
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Wir brauchen eine Überholung des Sozialstaats, weil sich unsere Gesellschaft sehr verändert hat und der Sozialstaat seinen wichtigen Aufgaben nicht mehr gerecht wird.
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Eine Steuerreform hin zu mehr Gerechtigkeit muss eine politische Priorität sein, denn dann ließen sich viele Probleme lösen. Das bestehende deutsche Steuersystem schafft und vertieft Ungleichheit, indem es hauptsächlich Arbeit belastet und Kapital schont.
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Die Infrastrukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge müssen ausgebaut und allen möglichst kostenlos zur Verfügung stehen.
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Carearbeit muss aufgewertet werden. Menschen, die unbezahlte Sorgearbeit leisten, (pflegende Angehörige…) müssen finanziell unterstützt werden.
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Es muss verhindert werden, dass die Altersarmut zunimmt.
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Eine Verkürzung der Erwerbsarbeitszeit (“4-Tage-Woche”) sollte durchgesetzt werden, und zwar mit vollem Lohnausgleich für Geringverdienende.
Zuletzt übergaben wir Armand Zorn einiges Infomaterial, darunter auch einen Ausdruck eines wichtigen Artikels von Ronald Blaschke (Netzwerkrat im bundesweiten Netzwerk Grundeinkommen), der aufzeigt, dass (ausschließlich) bedürftigkeitsgeprüfte Sozialleistungen ineffektiv sind, weil sie erstens nie alle Bedürftigen erreichen, zweitens keine Existenz und Teilhabe sichernde Höhe erreichen können (Lohnabstand) und drittens die Gesellschaft spalten: Ineffektiv und politisch gefährlich: bedürftigkeitsgeprüfte Sozialtransfers zur vorgeblichen Sicherung der Existenz und Teilhabe
Wir freuen uns, dass es eine ganze Reihe wichtiger Anliegen gibt, für die wir zusammenarbeiten können. Den Vorschlag Herrn Zorns, demnächst eine gemeinsame Veranstaltung zu diesen Themen zu organisieren, um die öffentlich Debatte dazu anzukurbeln bzw. zu vertiefen, nehmen wir daher mit Freude an.